Hoidn Wang Partner Standort: Berlin www.hoidnwang.de Team: Matías Grimaldi della Bianca, Kevin Ho Jun Choi, José Rodríguez López Landschaftplanung: Tilman Latz, Latz + Partner, Landschaftsarchitektur Fachplanung weiterer Disziplinen: Paul Rogers, Abdelrahman Helal, Aron Bohmann, Buro Happold, Berlin; John Peponis, Georgia Institute of Technology; Chen Feng, The University of Texas at Austin; Meta Berghauser-Pont, Jan Sahlberg, Chalmers University Gothenburg; Richard Burdett, London School of Economics
TEILRAUM 1 – „ INNENSTADT“ BEISPIEL WESTKREUZ
TEILRAUM 2 – „AUSSENBEZIRK“ BEISPIEL RADIALE KÖPENICKER PROSPEKT
TEILRAUM 3 – „UMLANDGEMEINDE“ CAMPUS – STADT LUDWIGSFELDE
Erläuterungen der Verfasser
Berlin-Brandenburg 2070 >Prinzipien und Konzepte für die Regionalplanung und für den Städtebau >>Die urbane Agenda neu gestalten Jede Form radikalen Denkens, die die Gesellschaft prägt, erfordert radika-le Formen der Entscheidungsfindung und Regierungsverantwortung. Nie zu-vor stand die Zukunft der Städte so im Vordergrund globaler Politikdebatten wie jetzt, wo ihre Auswirkungen auf die Umweltgerechtigkeit und den so-zialen Zusammenhalt greifbarer und realer werden. Die historische Gelegen-heit, Städte neu zu denken und das Business-as-usual-Modell in eine Richtung zu lenken, wodurch Wachstum, Wohlbefinden und Nachhaltigkeit gefördert werden, ist weltweit von visionären Stadtpolitikern erkannt. Aber erst weni-ge Städte haben sich zu einer langfristigen Veränderung verpflichtet, die die Art und Weise, wie Menschen leben und mit ihren natürlichen Lebensräumen interagieren, für viele kommende Generationen neu gestalten wird. Die Ini-tiative Berlin-Brandenburg 2070 bietet der Stadt, der Region und dem Land diese Möglichkeit. Die in diesem Entwurf dargelegten Gestaltungsprinzipien stellen einen Paradigmenwechsel für eine Metropolregion mit einer aus-geprägten und hoch geschätzten DNA dar. Die gesamte Region leidet je-doch unter wenig nachhaltigen Formen der Entwicklung und des Lebensstils, die ein radikales Umdenken und Umgestalten erfordern. Um diese radika-len Ideen umzusetzen, sind neue Koalitionen und Kooperationen erforder-lich. Verschiedene nationale, staatliche und kommunale Regierungsebenen müssen sich auf eine Vision einlassen, die unterschiedliche Maßstäbe, Gren-zen und Gerichtsbarkeiten aufbricht. Auf lokaler Ebene müssen die Bewohner sicherstellen, dass es lohnende Kompromisse gibt, bevor sie das Ausmaß der von diesem ehrgeizigen, aber umsetzbaren Plan vorgeschlagenen Intensivie-rung und Umstrukturierung unterstützen. Der Privatsektor muss sich an der gemeinsamen staatsbürgerlichen Agenda beteiligen, um langfristig einen Mehrwert für sein Vermögen und seine Investitionen zu sichern.
Um die physischen und gestalterischen Vorschläge zu liefern, die die vor-handene DNA der Stadt optimieren, sind neue Governance-Strukturen und Partnerschaften erforderlich. Positive Modelle existieren: In London trägt die Mayoral Development Corporation dazu bei, das Erbe der Olympischen Spie-le 2012 über die nächsten 40 Jahre so zu gestalten, dass die andauernden Un-gerechtigkeiten in der Stadt korrigiert werden. Die Initiative Réinventer Paris legt eine fortschrittliche Umwelt- und Sozialagenda fest, die dem Bürgermeis-ter ermöglicht, Projekte auf öffentlichem Land durchzuführen, die der städti-schen Qualität den Vorrang über den Preis einräumen. Dieser Wettbewerbsvorschlag verbindet ökologische Prinzipien mit gestalte-rischen, stadträumlichen Konzepten. Berlin und Brandenburg sollen mit den hier vorgestellten ökologischen Prinzipien und Gestaltungskonzepten wei-terhin in ihren ursprünglichen Eigenschaften nicht nur erkennbar bleiben, sondern von nun an komplementär zum Klimawandel entwickelt und gestärkt werden.
>>Vier ökologische Prinzipien >Berlin und Brandenburg sollten sich mithil-fe der folgenden ökologischen Prinzipien auf den Klimawandel vorbereiten: >1. Verringerung der CO2-Emissionen, Bekenntnis zu einer ressourcenscho-nenden, regionalen Kreislaufwirtschaft; >2. Neubau nur auf bereits versiegel-ten Flächen, Verringerung des Versiegelungsgrads und Anlage intensiv nutz-barer Grünflächen; >3. Erhöhung der Bevölkerungsdichte von derzeit 4.000 auf 5.000 P / km² und verbesserte Wegeverbindungen zwischen den Berliner Außenbezirken sowie verbesserte Verkehrssysteme innerhalb Brandenburgs; >4. Herstellung menschengerechter Mobilität in der Region sowie in den Städten mit Vorrang für Fahrradnutzung, öffentliche Verkehrssysteme und umweltfreundliche Personenfahrzeuge.
>>Fünf Gestaltungskonzepte >Hieraus leiten sich folgende Konzepte für die Regionalplanung und für die Stadtgestaltung ab: >1. Kreislaufwirtschaft und CO2-Senken >Das Land und die Städte werden in Energie-, Nahrungsmittel-, Wasser- und Wertstoffkreisläufe eingebunden. In den Brandenburger Wäldern wachsen die Rohstoffe für Neubauten. Im Süden von Bernau bis in den Nordwesten Berlins entsteht ein neuer Forst als Beitrag zu einer CO2-Senke, innerstädtisch unterstützt durch die Anlage großer Parks mit hohem Gehölzanteil und biologisch aktiven Regenwasser-rückhaltesystemen. >2. Versiegelungsgrad und Grünflächen >Neubauten werden nur auf bereits versiegelten Flächen errichtet; darüber hinaus ist eine Verringerung des Ver-siegelungsgrads vorgesehen. Wo möglich, sollen bestehende Grünflächen, auch Gartenkolonien und Friedhöfe, zu größeren, öffentlichen Freiräumen zusammengefasst werden, um so einen Beitrag zur Verringerung des inner-städtischen Hitzestaus zu leisten und die Bildung lokaler Frischluftschneisen zu begünstigen. Gartenkolonien werden bei konstantem Versiegelungsgrad zu urbanen Landwirtschaftsflächen mit kombinierter Arbeits- und Wohn-nutzung an deren Rändern umgebaut. >3. Seen, Flüsse und Kanäle als städtebauliche Elemente >Durch Ausübung des öffentlichen Vorkaufsrechts werden private Liegenschaften an Seen und Flüssen erworben, um den öffentlichen Zugang zu den Gewässern zu sichern und, wo möglich, die angemessene Renaturierung der Gewässer durchzufüh-ren. Nicht nur zur verstärkten Aufnahme von Sturzregen, sondern auch als stadtwirksame Elemente sollen Kanäle umgestaltet beziehungsweise neu an-gelegt werden, die auch für Vaporetti genutzt werden können. >4. Nachverdichtung und höhere Dichte >Die Prinzipien des barrierefreien Zu-gangs, der sozialen und funktionalen Mischung und der Gerechtigkeit werden den Entwurf einzelner Bauten wie ganzer Nachbarschaften bestimmen, um starke lokale Gemeinschaften herzustellen und um den Pendelverkehr zu ver-ringern. Verschiedene Lebensmodelle werden in der Verbindung und Überla-gerung von Wohnen, Arbeiten und Freizeit in unmittelbarer Nachbarschaft ih-ren Raum finden. In der Region soll neuer Wohn- und Arbeitsraum vorrangig in dichte und nachverdichtete Stadtquartiere und Siedlungen integriert wer-den. Alle Wohnungsbausiedlungen werden auf ihr Nachverdichtungspoten-zial untersucht. Der vorliegende Wettbewerbsbeitrag geht für diesen Bereich insgesamt von einem Ausbaupotenzial für 1 Million Personen aus. >5. Ringe und Radialen >Die autogerechte Stadt des 20. Jahrhunderts soll zur menschgerechten Stadt des 21. Jahrhunderts umgewandelt werden. Dazu werden die typischen Berliner Wachstumsringe im größeren Maßstab wei-terentwickelt und aktualisiert: Eine Reihe von neuen Wachstumsringen von der Innenstadt über die Außenbezirke bis in die Umlandgemeinden stärkt eigene Identitäten; markante Radialen mit urbanen Eigenschaften tragen eine hohe bauliche Dichte nach außen. Drei neue Ringsysteme erweitern die inne-re Stadt und gliedern Außenbezirke und Land:
>1. Ring-Boulevard >Die A 100 wird zum stadträumlich erlebbaren Innen-stadtring mit hochverdichteter, gemischt genutzter Bebauung und öffentli-chen Einrichtungen. Neue Hochhäuser geben stadtweite Orientierung. Der neue ebenerdige, 39 Kilometer lange Ring-Boulevard und die nachverdich-teten radialen Magistralen vereinen die Innenstadt mit allen Außenbezirken. Der Ring-Boulevard ist zwischen 60 und 80 Meter breit, mit vier Baumreihen bepflanzt und mit Kiosken, Bars und Cafés ausgestattet. Er wird als beson-ders gestalteter urbaner Aufenthaltsraum verstanden, der sowohl kommer-ziellen als auch nicht-kommerziellen Aktivitäten zur Verfügung stehen soll. Damit überwindet der Ring nicht nur symbolisch die Ost-West-Trennung, son-dern auch die traditionelle Unterscheidung in Innenstadt und Außenbezirk. Er ist eine Einladung an alle, die ebenerdige Stadt als attraktiven öffentlichen Raum wiederzuentdecken. Entlang des Innenstadtrings und der Radialen ist eine Nachverdichtung mit hohen Bauten möglich, die insgesamt 1 Millionen Personen aufnehmen kann. >2. Ring: Wasser- und Radwegering >Im Süden wird der Teltowkanal von Köpenick bis Potsdam als 42 Kilometer langes Wegesystem und Nachverdich-tungsgebiet erschlossen und als Tangente an das regionale Radwegenetz an-geschlossen. Im Norden bildet ein neuer Kanal das Pendant zum Teltowkanal und schließt damit den 2. Ring ab. >3. Ring: A 10 >Die Autobahn A 10 wird als Grenze des Stadtwachstums Berlins begriffen. Innerhalb dieser Grenze wird die Entwicklung Berlins nach innerstädtischen Kriterien nachverdichtet (GFZ mind. 1.5), hierfür sind ver-tragliche Vereinbarungen für die Baulandausweisung beziehungsweise für den Grundstückstausch zwischen Berlin und Brandenburg erforderlich. >4. Ring: Ringbahn >Was der Ring-Boulevard für Berlin bedeutet, stellt die Ringbahn für die Region dar. Sie soll in ihrem viergleisigen Ausbau dicht ge-taktete lokale wie regionale Züge aufnehmen. Das Gleiche gilt für die S-Bahn: Sie soll außerhalb des Berliner S-Bahn-Rings auf viergleisigen Viadukten, in denen gewerbliche Nutzungen untergebracht werden, lokale wie Express-züge aufnehmen. Die Viadukte ersetzen die Bahndämme, reproduzieren da-bei Qualitäten der innerstädtischen S-Bahn-Viadukte und steigern die Quer-verbindungen und Entwicklungspotenziale. Die radialen Regionalstrecken, S- und U-Bahnen werden verlängert, um an der Ringbahn für Pendler ideale Umsteigeknoten zu bilden. >5. Ring: Brandenburger Bahn >Zur Stärkung der Eigenständigkeit der weite-ren Umlandregion und zur Verbesserung des Regionalnetzes wird der große Brandenburger Ring geschlossen.