Landschaft des Wassers – Die Topografie des Berliner Gebiets ist durch die Gletscherverschiebung und durch Flussläufe geprägt worden. Den Landschaftsraum beziehungsweise dessen Schnittstelle lösen regelmäßig vor allem eine landwirtschaftliche Nutzung der Felder und Naturschutzeinheiten mit Wäldern ab. Die Spree mäandert in einem bunten Netz von Flussbetten und Zuflüssen. Einige davon sind natürlich, andere wurden künstlich angelegt oder reguliert. Die vielen verschiedenen Orte, die das strömende Wasser entstehen ließ, formten die urbanen Strukturen und deren unterschiedliche Funktionen in den jeweiligen Regionen.
Kleines großes Berlin – Die Region Berlin-Brandenburg besteht aus einer Vielzahl urbaner und natürlicher Strukturen, die ein einmaliges Ensemble bilden. Die Grundlage für die „große“ Vision dieser Region ist das Akzeptieren des Systems, das die Gegebenheiten der einzelnen Lokalitäten respektiert, deren Hierarchisierung, die Bestimmung ihrer Schnittstellen, ihres Potenzials und ihrer Bindungen. Die Gesamtheit wird gerade durch die Bezüge der Lokalitäten gebildet. Diese sind morphologisch, historisch, hierarchisch, durch die Bewegungsbindungen, sozial oder durch weitere Spezifika definiert.
Bereiche des Wassers – Berlin ist ein Archipel kleinerer urbaner Komplexe. Die Siedlung im Landschaftsraum formt entweder Linien in den Produktionsbereichen oder wird an den Charakter der Ströme angepasst. Diese Positionen bestimmen ihr einzigartiges Gepräge, ihre Gegebenheiten und Nutzungsmöglichkeiten – von der komponierten Landschaft bis zum Produktionsbackground der Region. Sie bilden getrennte Inseln. Durch das Definieren und die Entwicklung dieser Zentren kann das alternative ringmäßige Lesen der Region mit ihren Zentren und Subzentren, deren Identität stark ist, entstehen. Die Ströme der Infrastruktur und der Landschaft umschreiben den Siedlungsstern sowie die umliegende Seenlandschaft. Sie sind ein Entwicklungsskelett. So wird das für eine Metropolenregion typische Diversitätsklima entfaltet.
Radialen – Zum besseren Verständnis der Maßstäbe von Groß-Berlin definieren wir in der Metropole drei radiale Zonen – 7,5 Kilometer, 15 Kilometer und 30 Kilometer. Über diese Grenze hinaus sollte sich Berlin als Stadt nicht weiter ausbreiten. Jeder Ring wird mithilfe eines anderen Sonderprinzips organisiert. Alle Prinzipien stärken die Komplexität der Gesamtregion.
Das Konzept – Wir haben drei Gebiete ausgewählt, jeweils aus einer der vorgestellten Zonen oder auf deren Grenze. Gewählt wurden diese Gebiete nicht nur in Hinblick auf die vorgegebenen Themen, sondern auch in Hinblick auf deren Bezüge innerhalb der Fluss- beziehungsweise Seenlandschaft. In den gewählten Lokalitäten entlang der Strahlen des Seegebiets ermöglichen wir eine industrielle Entwicklung. In der Landschaftszone schlagen wir vor, die Flächen für nachhaltige Landwirtschaft und eine behutsame Stärkung der Erholungsbereiche zu nutzen. Die Wasserflächen ergänzen und verbinden wir zu einem Netz. In den flussnahen Zonen empfehlen wir die Entwicklung von Wissenschaftsstandorten – in Einklang mit den örtlichen Bedingungen. Der Ausbau der Flussufer sollte den Zugang der Menschen zum Fluss sowie auch den Zugang des Flusses zu den Menschen gewährleisten, verdeckte Gewässer sollen geöffnet werden.
Bahnring – Rand – Der Bahnring als Raum für die Suche nach neuen Stadtformen. – Wir schlagen vor, die inneren Reserven Berlins entlang des Bahnrings mit einem exklusiven Verkehrsanschluss zum Experimentieren mit neuen Stadtstrukturen zu nutzen. Entlang der Grenze des Bahnrings führen wir in einer hohen Dichte nachhaltige Blöcke ein. Die Blöcke mit einer hohen Diversität des inneren Raums und der Bebauungstypologien stellen eine neue Energie der Stadt dar. Aufgelöst wird der Block durch das Bahnhofsgebäude, das als Zugang zum Blockinneren und als Zentrum des öffentlichen Lebens dient. Gegen das Umland wird es eindeutig abgegrenzt. Für das Klima innerhalb des Blocks sorgt ein innerer Park. Der Strukturcanyon entfaltet Grün, eine programmatische und typologische Diversität Berlins. Das Bahnhofsgebäude mit dem geschwungenen Dach bildet das Tor zum Superblock. Es verbindet die alte Bebauung mit dem neuen Viertel. Hier gibt es Pkw- und Fahrradparkbereiche, von hier aus geht es direkt in die Fußgängerzone des Canyons. Zunächst öffnet sich ein Platz mit einem Markt. Dieser Stadtplatz formt den wichtigsten öffentlichen Raum. Es geht vorbei an einem Dachkino. Die Sonne scheint durch leichte Holzkonstruktionen der Vertikalfarmen in einem Öko-Institut, dessen Glasfassaden Energie produzieren. Der Weg in Richtung Wohnbauung mäandert durch den öffentlichen Raum. Hier stehen verschiedene Pavillons mit unterschiedlichen Funktionen: Schule, Galerie, Gemeindezentrum. Im anschließenden Park befinden sich zwei kleine Seen. Die Grünflächen sind nicht nur für die Erholung bestimmt, auf ihnen wird auch Gemüse angebaut. Die Gemeindegärten „klettern“ bis zu den Dächern der umliegenden Wohnbauten. Gründächer filtern das Grauwasser. Die Wohneinheiten sind in Clustern um Innenhöfe angeordnet. In den Erdgeschosszonen befinden sich Cafés und Ladengeschäfte, Fußgängerpassagen verbinden den inneren Park mit dem Bereich am Flussufer. Flussab befindet sich eine Zone für Veranstaltungen und Konzerte. Von der Terrasse des nahe gelegen Hotels kann man sogar den barocken Charlottenburger Garten sehen.
Wissenschaftsinsel – Unterstützung des einmaligen Charakters eines Strahls des Siedlungssterns. Der Charakter des Strahls wird programmatisch durch die Universitäts-, Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen bestimmt. Räumlich bildet er eine Insel, die von der Spree und einer künstlichen Wasserstraße umgeben ist. Das Potenzial der Raumtransformation des Insel-Abschlusses unterstützt die direkte Bahnverbindung zum Flughafen Berlin-Brandenburg. Die herausragende Lage auf der Spitze verbindet sie wieder mit dem Wasser und dem historischen Stadtteil Köpenick und betont den Kern des Siedlungsstrahls. Wir schlagen vor, die Gebietstransformation im Bereich der Strahlachse mit einem typischen Modul der Achsenbebauung fortzusetzen, und zwar mit einem Wissenschaftsquartier im Raum zwischen dem Strahl und der Bahn. Im Bereich des Flusses schlagen wir vor, das Thema der Vielfältigkeit des Flussraums zu entwickeln und die Entstehung einer spezifischen, zum Wasser orientierten Wohnumwelt zu unterstützen.
Flussraum – Öffentliche Räume als Motiv für die Entwicklung der Stadttypologie. – Zum Berliner Zentrum führt der Verkehrsstrahl, der durch ein Patchwork von verschiedenen Vierteln leitet. Seit der Umstellung von fossilen Brennstoffen auf Elektroautos ist er ein angenehmer Fußgängerboulevard. Von Süden her gelangt man auf die Insel – früher Brache, heute Wissenschaftsstadt, im Osten durch einen organischen Mäander, im Westen durch einen Kanal geformt. Die Bahn durchschneidet die Landschaft. Sie wird ferngesteuert und stellt keine Barriere mehr dar. Die Wohnblöcke entlang des Strahls und die alte Bebauung in Flussrichtung weichen einem Park und den Wasserflächen der Marinas und Lagunen. Sie werden in niedrige Türme und Bauwerke mit kleinerem Grundriss umgewandelt, wo Wissenschaftler und Kreative aus aller Welt gemeinsam forschen und arbeiten. Sie bleiben einen Monat oder ein Jahr, nutzen Wissenschaftsinkubatoren und ein kleines Programm entlang des Flussrings sowie der Hauptachsen. Das Leben pulsiert. Erfolgreiche Start-up-Projekte werden in größere Büros entlang der Bahntrasse versetzt. Alte Ziegelbauten auf dem Stadtplatz werden für Kultur und Handel genutzt. Durch den Park führen Laufstrecken zu den Sportanlagen. Mit einem Boot kann man aus der Marina direkt in das Zentrum Berlins gelangen.
Netz der Seen – Durchblutung des Landschaftsraums mit Enwicklung eines Erholungsnetzes und der Natur. – Der Landschaftsraum rund um Berlin bietet Chancen und Potenziale für stadtnahe Erholung und die Entwicklung zukünftiger Technologien. Wir schlagen eine Verstärkung und Vollendung des Systems von stadtnahen Regionalparks rund um Berlin vor. Die Parks schließen an den grünen Plan an und verbinden die Siedlungsstrahlen Berlins mit der Landschaft. Die Struktur der Landschaft wird durch die intensive Landwirtschaftsnutzung fragmentiert. Wir schlagen vor, das ursprüngliche Landschaftsnetz der Seen wiederzugewinnen und zu erneuern. Wasser ist ein Grundprinzip der Landschaftsstruktur und zugleich strategische Grundlage der Entwicklung des Erholungs-, Siedlungs- und Produktionspotenzials.
Entdeckte Landschaft – Wasserarchäologie als Moderator des Landschaftsbewohnens. – Es ist das Jahr 2050; ich fahre durch die Brandenburger Landschaft in das CO2-neutrale Berlin. Die einst intensiv genutzte, der Erosion durch Wasser und Wind unterliegende Landschaft ist heute von einem Netz kleiner Auen- und Landschaftselemente durchwebt. Wiedergefundenes Wasser lieferte dem Boden und der Landwirtschaft neue Energie. Der Archipel von kleinen Seen, Tümpeln und Feuchtbiotopen erhöhte die Biodiversität. Die Berliner aus den stadtnahen Siedlungen verbringen hier ihre Freizeit mit Vogelbeobachtung, Spaziergängen durch die Natur und Radtouren. Die Zahl der Häuser und Dörfer hat sich in den letzten 50 Jahren nicht markant geändert. Dagegen wuchsen die nachhaltigen Landwirtschaftsbetriebe. Baufällige Dörfer wurden saniert und durch Neubauten ergänzt; es entstanden landwirtschaftlich orientierte Bauensembles, die über Felder und Gewächshäuser verfügen – autarke Gemeinden, die sich selbst mit Energie und Lebensmitteln versorgen.